Fachkonzept zur strategischen Einordnung, Wirkung und Ausgestaltung
In einer Zeit, in der Mobilität nicht nur funktional, sondern zunehmend auch emotional und sozial wahrgenommen wird, gewinnt der Begriff der betrieblichen Mobilität als soziale Leistung an Bedeutung. Unternehmen, die Mobilitätsangebote nicht nur als logistische Notwendigkeit, sondern als Bestandteil ihrer Sozialpolitik und Fürsorgepflicht verstehen, stärken gezielt die Mitarbeiterbindung, erhöhen die Arbeitgeberattraktivität und leisten einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit.
Betriebliche Mobilität als soziale Leistung bedeutet, Mitarbeitenden unabhängig von ihrer Hierarchieebene oder Einkommensgruppe Zugang zu sicheren, verlässlichen und fair gestalteten Mobilitätslösungen zu ermöglichen – eingebettet in ein nachhaltiges und mitarbeiterorientiertes Gesamtkonzept.
Soziale Leistung umfasst freiwillige oder tariflich geregelte Leistungen eines Unternehmens zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen seiner Beschäftigten.
Betriebliche Mobilität als soziale Leistung bedeutet, Mobilitätsangebote so zu gestalten, dass sie über die reine Arbeitswegabsicherung hinaus soziale Teilhabe fördern, familiäre Belastungen reduzieren, Sicherheit erhöhen und zur finanziellen Entlastung beitragen.
Abgrenzung zur klassischen Dienstwagenregelung
Traditionelle Dienstwagenmodelle sind häufig Statussymbole für Führungskräfte. Als soziale Leistung hingegen ist Mobilität inklusiv, bedarfsorientiert und gerecht gestaltet – und bietet auch Nicht-Führungskräften Mobilitätsoptionen.
Politisch-gesellschaftlicher Kontext
Diskussion um Mobilitätswende und ÖPNV-Zugänglichkeit
Gesetzliche Entwicklungen im Bereich Jobticket, steuerliche Förderung von Diensträdern
Sozialpolitischer Druck zur Entlastung des unteren und mittleren Einkommenssegments
Integration von Mobilität in ESG-Strategien und Nachhaltigkeitsberichterstattung
Ziele der betrieblichen Mobilität als soziale Leistung
Ziel
Wirkung
Soziale Gerechtigkeit
Alle Beschäftigten erhalten Zugang zu Mobilitätslösungen – unabhängig von Gehalt oder Arbeitszeitmodell
Finanzielle Entlastung
Reduktion der Mobilitätskosten durch Zuschüsse oder kostenfreie Angebote
Sicherheit und Fürsorge
Gewährleistung sicherer Wege zur Arbeit (besonders bei Schichtdienst, Nachtarbeit)
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben
Unterstützung bei der familiären Organisation durch Mobilitätsangebote, z. B. für Eltern, Alleinerziehende
Gesundheitsförderung
Förderung aktiver Mobilität (z. B. Diensträder), Reduktion von Stress durch bessere Anbindung
Standortbindung
Erhöhung der Standortattraktivität durch bessere Erreichbarkeit, besonders im ländlichen Raum
Mitarbeiterbindung
Attraktive Mobilitätsangebote fördern langfristige Loyalität zum Unternehmen
Direkte Leistungen
Jobticket (ÖPNV-Zuschuss oder - Übernahme) - Monatlicher Zuschuss zum Deutschlandticket oder lokalen Verkehrsverbünden Sozial gestaffelt oder für alle gleich
Dienstrad-Leasing für alle - Fahrradleasing auch für Teilzeitkräfte und Azubis Option auf Übernahme nach Leasingdauer
Fahrgemeinschaftsprogramme - Vermittlung über Plattformen Bonusmodelle für regelmäßige gemeinsame Fahrten
Shuttle-Services - Besonders im Schichtbetrieb: firmeneigener Transportdienst z. B. zwischen Bahnhof und Werk
Mobility Budget - Monatlicher Pauschalbetrag, einlösbar für verschiedene Mobilitätsarten: ÖPNV, Carsharing, E-Scooter etc.
Tankgutscheine oder Ladegutschriften - Für Pendler*innen mit eigenem Fahrzeug: sozial gerecht als Alternative zu anderen Mobilitätsformen
Indirekte Leistungen
Parkraummanagement mit sozialer Staffelung - Bevorzugter Zugang für Mitarbeitende mit weiten Anfahrtswegen, Schichtdienst oder familiärer Belastung
Homeoffice-Angebote zur Mobilitätsvermeidung - Senkung der realen Mobilitätslast durch flexible Arbeitsmodelle
Arbeitszeitmodelle abgestimmt auf ÖPNV-Taktung - Besonders relevant in ländlichen Regionen
Verknüpfung mit Arbeitgeberattraktivität
Platzierung in Recruiting-Kampagnen („Bei uns kommen Sie gut an.“)
Sichtbarkeit im Employer Branding
Verknüpfung mit ESG-Kriterien
Beitrag zur sozialen Säule der Nachhaltigkeit („Social“)
Berichterstattung im Rahmen von CSRD, DNK oder freiwilligen Nachhaltigkeitsberichten
Einbindung in betriebliche Mitbestimmung
Beteiligung von Betriebsrat, Personalvertretung oder Interessenvertretungen
Soziale Leistungen als Bestandteil von Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen
Erfolgsfaktoren und Umsetzungsempfehlungen
Erfolgsfaktor
Empfehlung
Transparenz und Kommunikation
Frühzeitige und verständliche Information über Angebote
Niedrigschwellige Nutzung
Einfache Buchungssysteme, keine bürokratischen Hürden
Bedarfsanalyse
Mitarbeiterbefragung zu Mobilitätsverhalten und Bedürfnissen
Gerechte Verteilung
Keine Bevorzugung einzelner Gruppen, sondern Balance
Langfristige Finanzierung
Verankerung im Budget und ggf. Co-Finanzierung durch Förderprogramme
Evaluation und Feedbackkultur
Jährliche Wirkungsmessung und Anpassung der Angebote
Beispielhafte Wirkung in der Praxis
Unternehmen A führte ein gestaffeltes Mobilitätsbudget für alle Mitarbeitenden ein – unabhängig von Hierarchie oder Anstellungsart.
Ergebnis:
80 % Nutzung innerhalb des ersten Jahres
deutlicher Rückgang der Krankheitstage bei Pendlern >30 km
Verbesserung des Arbeitgeberrankings auf Bewertungsplattformen
Unternehmen B setzte auf ein voll subventioniertes Jobticket und kombinierte dies mit einer Parkplatzsteuerung.
Ergebnis:
Reduktion des Pendlerverkehrs um 25 %
Kostenneutralität durch eingesparte Parkflächen und Vermeidung von Parkraumbau